Schutz vor Privilegienerweiterungen im Active Directory: Erkennung und Prävention

Das Active Directory (AD) bildet das Rückgrat der IT-Infrastruktur in zahllosen Unternehmen weltweit. Es verwaltet Benutzerkonten, Gruppen und Zugriffsrechte und ist damit von zentraler Bedeutung für die Sicherheit und Funktionalität moderner Netzwerke. Doch genau diese Schlüsselrolle macht das Active Directory zu einem äußerst attraktiven Ziel für Cyberkriminelle. Eine besonders gefährliche und oft subtile Angriffsmethode ist die Privilegienerweiterung (englisch Privilege Escalation), bei der Angreifer versuchen, schrittweise höhere Berechtigungen zu erlangen. In diesem Artikel betrachten wir detailliert, wie solche Aktivitäten erkannt und verhindert werden können.

Erkennung von ungewöhnlichen Gruppenzuweisungen

Eine der häufigsten Methoden der Privilegienerweiterung ist das Hinzufügen von Konten zu administrativen Gruppen. Um dies effektiv zu erkennen, ist eine gründliche und kontinuierliche Überwachung von Änderungen an Gruppenmitgliedschaften unerlässlich, insbesondere bei hoch privilegierten Gruppen wie „Domänenadministratoren“,  „Organisations-Admins” oder  „Schema-Admins”.

Achten Sie besonders auf:

Zeitliche Anomalien:

  • Änderungen außerhalb der üblichen Geschäftszeiten, z.B. um 3 Uhr morgens
  • Häufungen von Änderungen an Wochenenden oder Feiertagen
  • Ungewöhnlich schnelle Abfolge von Hinzufügungen und Entfernungen

Ungewöhnliche Akteure:

  • Hinzufügungen durch Benutzer, die normalerweise keine Administratorrechte haben
  • Aktivitäten von selten genutzten oder kürzlich erstellten Administratorkonten
  • Änderungen durch Systeme oder Dienstkonten, die normalerweise keine Gruppenverwaltung durchführen

Verdächtige Muster:

  • „Privilege Dipping”: Kurzzeitige Hinzufügungen zu privilegierten Gruppen für wenige Minuten oder Stunden
  • Kaskadenartige Änderungen, bei denen ein Konto schnell in mehrere privilegierte Gruppen aufgenommen wird
  • Gleichzeitige Änderungen an mehreren kritischen Gruppen

Beispiel: Ein Angreifer könnte versuchen, nachts um 2:30 Uhr ein kompromittiertes Benutzerkonto zur Gruppe „Domänenadministratoren” hinzuzufügen, es für 10 Minuten dort zu belassen, um Änderungen vorzunehmen, und es dann wieder zu entfernen.

Moderne Überwachungstools für das Active Directory wie SEC AUDITOR können solche Änderungen in Echtzeit erkennen und sofort alarmieren, was eine schnelle Reaktion ermöglicht.

Ungewöhnliche Anmeldemuster aufspüren

Angreifer versuchen oft, sich lateral im Netzwerk zu bewegen, indem sie sich auf verschiedenen Systemen anmelden. Eine genaue Analyse der Anmeldemuster kann verdächtige Aktivitäten aufdecken.

Achten Sie auf:

Geografische und netzwerkbasierte Anomalien (Entra ID):

  • Anmeldungen von ungewöhnlichen Standorten oder IP-Adressen
  • Plötzliche Anmeldungen aus Ländern, in denen das Unternehmen nicht tätig ist
  • Schnelle Wechsel zwischen weit entfernten Anmeldeorten

Zeitliche Muster:

  • Anmeldungen außerhalb der üblichen Arbeitszeiten des Benutzers
  • Ungewöhnlich lange Anmeldesitzungen
  • Regelmäßige, automatisiert wirkende Anmeldeversuche

Verdächtige Sequenzen:

  • Mehrfache fehlgeschlagene Anmeldeversuche gefolgt von erfolgreichen Anmeldungen (Password Guessing)
  • Gleichzeitige Anmeldungen desselben Kontos von verschiedenen Standorten
  • Schnelle Abfolge von Anmeldungen auf verschiedenen Systemen (Password Spraying)

Kontoanomalien:

  • Plötzliche Aktivität von lange inaktiven Konten
  • Anmeldungen mit gelöschten oder gesperrten Konten
  • Ungewöhnliche Nutzung von Dienstkonten für interaktive Anmeldungen

Beispiel: Ein Angreifer könnte ein kompromittiertes Benutzerkonto verwenden, um sich innerhalb von 5 Minuten auf 20 verschiedenen Servern anzumelden, was auf einen automatisierten Scan oder laterale Bewegung hindeuten könnte.

Eine Überwachung des Active Directory in Echtzeit ermöglicht es, diese Angriffsmuster frühzeitig zu erkennen und einzugreifen, bevor ein Angreifer oder Malware größeren Schaden anrichten kann.

Missbrauch von Dienstkonten aufdecken

Dienstkonten sind aufgrund ihrer oft weitreichenden Berechtigungen ein beliebtes Ziel für Angreifer. Eine sorgfältige Überwachung dieser Konten ist entscheidend.

Achten Sie auf:

Ungewöhnliche Anmeldeaktivitäten:

  • Interaktive Anmeldungen bei Dienstkonten, die normalerweise nur im Hintergrund laufen
  • Anmeldungen von Dienstkonten auf Systemen, die nicht zu ihrem normalen Aufgabenbereich gehören
  • Verwendung von Dienstkonten außerhalb ihrer üblichen Betriebszeiten

 Konfigurationsänderungen:

  • Änderungen an Dienstkonto-Passwörtern oder -Berechtigungen
  • Hinzufügen von Dienstkonten zu neuen Gruppen oder Erteilung zusätzlicher Rechte

Netzwerkaktivitäten:

  • Ungewöhnliche ausgehende Verbindungen von Systemen, die Dienstkonten verwenden
  • Zugriffe auf Ressourcen, die nicht zum normalen Aufgabenbereich des Dienstes gehören
  • Erhöhtes Datenvolumen oder ungewöhnliche Protokolle in der Kommunikation

Beispiel: Ein kompromittiertes SQL Server-Dienstkonto, das plötzlich interaktive Remote-Desktop-Verbindungen zu anderen Servern im Netzwerk aufbaut, könnte auf einen laufenden Angriff hindeuten.

Erkennung von DCSync und DCShadow-Angriffen

Fortgeschrittene Angreifer könnten versuchen, DCSync- oder DCShadow-Angriffe durchzuführen, um Domänenadministratorrechte zu erlangen oder falsche Objekte in das AD einzuschleusen.

Achten Sie auf:

Ungewöhnliche Replikationsanfragen:

  • Replikationsanfragen von Nicht-Domänencontrollern
  • Erhöhte Anzahl von Replikationsanfragen
  • Replikationsanfragen zu ungewöhnlichen Zeiten

Verdächtige Objektänderungen:

  • Plötzliches Erscheinen neuer, hochprivilegierter Konten
  • Änderungen an kritischen Systemattributen wie SIDHistory
  • Unerklärliche Änderungen an Gruppenrichtlinien-Objekten (GPOs)

Beispiel: Ein Angreifer könnte versuchen, einen DCSync-Angriff durchzuführen, indem er Replikationsanfragen von einem kompromittierten Arbeitsstations-PC sendet, was in einem normalen Netzwerk nie vorkommen sollte.

Schutzmaßnahmen implementieren

Um Privilegienerweiterungen effektiv zu verhindern, sollten Unternehmen eine mehrschichtige Verteidigungsstrategie implementieren. Zu den wirksamsten Strategien zählen unter anderem:

Prinzip der geringsten Privilegien (Least Privilege):

  • Weisen Sie Benutzern und Systemen nur die minimal notwendigen Rechte zu
  • Überprüfen und bereinigen Sie regelmäßig Zugriffsrechte
  • Implementieren Sie rollenbasierte Zugriffskontrolle (RBAC)

 Just-in-Time (JIT) und Just-Enough-Administration (JEA):

  • Gewähren Sie temporäre Administratorrechte nur bei Bedarf
  • Beschränken Sie die Dauer und den Umfang erhöhter Privilegien
  • Nutzen Sie Tools wie Microsofts Privileged Access Management (PAM)

Starke Authentifizierung:

  • Setzen Sie Multifaktor-Authentifizierung (MFA) für alle privilegierten Konten durch
  • Implementieren Sie Smart Card-Anmeldung für Administratoren
  • Verwenden Sie längere, komplexe Passwörter

Tier- / Planemodell

Trennen Sie Systeme und Accounts in verschiedene logische Schutzbereiche (Planes). Ist ein oder mehrere Systeme in einem Plane infiziert, können sich Angreifer nicht in die Systeme aus anderen Bereichen fortbewegen.

Microsoft nennt dies das “Enterprise Access Modell“ und schlägt den Einsatz von sechs verschiedenen Planes wie folgt vor:

Enterprise Access Modell

Quelle: https://learn.microsoft.com/en-us/security/privileged-access-workstations/privileged-access-access-model

Sicherheitslücken beheben:

Führen Sie regelmäßige Sicherheitsaudits des Active Directory durch und beheben Sie Schwachstellen, die eine Privilegienerweiterung oder Lateral Movement vereinfachen.
Typische Sicherheitslücken sind z. B. uneingeschränkte Delegierungen, ServicePrincipalNames bei privilegierten Konten oder der Einsatz reversibler Passwörter.

Idealerweise überwachen Sie Ihr Active Directory dauerhaft, um solche Schwachstellen sofort erkennen und beheben zu können. Dazu können manuelle Reports mit Tools wie PingCastle erstellt werden. Alternativ kann auch ein AD-Monitoring mit automatischer Benachrichtigung bei neuen Schwachstellen mit Tools wie SEC AUDITOR genutzt werden.

Etablieren Sie ein Incident Response Team und -Prozesse für schnelle Reaktionen auf Sicherheitsvorfälle.

Fazit

Die Erkennung und Verhinderung von Privilegienerweiterungen im Active Directory ist eine komplexe, aber entscheidende Aufgabe für die IT-Sicherheit im Unternehmen. Sie erfordert eine Kombination aus technischem Know-how, den richtigen Tools und einer proaktiven Sicherheitsstrategie.

Durch die Implementierung der oben beschriebenen Methoden, regelmäßige Überprüfungen und den Einsatz von Überwachungstools können Unternehmen ihr Risiko erheblich reduzieren. 

Spezialisierte Tools wie SEC AUDITOR können dabei eine entscheidende Rolle spielen, indem sie eine Echtzeit-Überwachung des Active Directory ermöglichen und potenzielle Bedrohungen frühzeitig erkennen. In Kombination mit gut geschultem Personal und robusten Sicherheitsrichtlinien bilden sie eine starke Verteidigung gegen Privilegienerweiterungen und andere fortgeschrittene Bedrohungen.

Letztlich auch die Sicherheit des Active Directory (wie fast überall in der IT-Sicherheit) ein kontinuierlicher Prozess, der ständige Wachsamkeit, Anpassung an neue Bedrohungen und die Bereitschaft zur kontinuierlichen Verbesserung erfordert.